Der erste Arbeitstag ist wie der erste Tag in einer neuen Schule. Du kennst niemanden. Du weißt nicht, wie es läuft. Du bist auf andere angewiesen. Mehr als jeder vierte Arbeitnehmer hat schon einmal innerhalb der ersten 100 Tage einen Job gekündigt oder es zumindest ernsthaft erwogen. Woran liegt das? Und was kann ein Unternehmen tun, dass es gar nicht erst soweit kommt? Hier gibt es die Antworten!
100 Tage und Tschüss!
Die E-Recruiting Plattform softgarden hat 2.761 Arbeitnehmer zu ihren ersten 100 Tagen in einem neuen Unternehmen befragt. Durchschnittlich waren die Teilnehmer 36 Jahre alt und hatten 13 Jahre Berufserfahrung. Das erschreckende Ergebnis: 11,6 Prozent haben tatsächlich schon einmal innerhalb der ersten 100 Tage einen Job gekündigt und weitere 15,7 Prozent haben es ernsthaft in Erwägung gezogen. Weitet man den Zeitraum noch etwas aus, werden die Prozentzahlen noch deutlich höher liegen. Aber warum haben so viele Arbeitnehmer schon nach kurzer Zeit die Nase voll vom neuen Arbeitgeber?
Warum verlassen Arbeitnehmer das neue Unternehmen? Überall wird von Fachkräftemangel gesprochen. Die Unternehmen buhlen um die besten Bewerber am Markt. Doch ist der Vertrag unterschrieben, schwindet der Zauber. Dabei beginnt die Arbeit nach der Vertragsunterzeichnung erst richtig. Die ersten 100 Tage sind nicht nur eine Bewährungsprobe für den neuen Mitarbeiter sondern auch für den Arbeitgeber. Er muss den Neuen durch einen gelungenen Onboarding-Prozess für sich gewinnen. Doch die Realität sieht anders aus. In der Studie konnten die Teilnehmer freiwillig Gründe für ihre schnelle Kündigung angeben.
Das waren die häufigsten Begründungen:
- Schlechte Einarbeitung
- Falsche Versprechungen
- Verhalten der Vorgesetzten
Punkt 1: Die schlechte Einarbeitung
In Sachen Einarbeitung sind viele Unternehmen bei ihren neuen Mitarbeitern komplett durchgefallen. Ein durchdachter Onboarding-Prozess? Fehlanzeige! Davon kann ich ein Lied singen. Ich habe es in der Vergangenheit mehrfach erlebt, dass ich am ersten Tag vor ratlosen Gesichtern stand, weil niemand wusste, dass ich komme. Genauso ging es bei der Einarbeitung weiter. Kein eingerichteter PC, keine E-Mail-Adresse und einmal sogar kein vorbereiteter Arbeitsplatz. Auch die Studienteilnehmer berichten von ihren Erfahrungen: „Zu wenig Unterstützung. Kein Mentoring. Sehr hohe Verantwortungen zu früh gegeben, ohne entsprechende Unterstützung von erfahrenen Kollegen. Das Ganze hat zu viel Stress gemacht.“ Ein weiterer Teilnehmer machte die Erfahrung, erst gar „keine konkreten Aufgaben“ zu bekommen. Auch in diesem Fall fand „keine Einarbeitung“ statt, ebenso wenig wie eine „vernünftige Kommunikation mit den Vorgesetzten“.
Punkt 2: Falsche Versprechungen
Nicht nur die Bewerber versuchen sich im besten Licht darzustellen, auch Unternehmen nehmen es mit der Wahrheit nicht ganz so ernst, wenn es darum geht, einen Kandidaten von einer Position zu überzeugen. Doch das ist keine gute Idee! Über ein Drittel der Befragten hat schon die Erfahrung gemacht, dass Jobs während des Bewerbungsprozesses besser dargestellt wurden, als sich später herausstellte. Doch davon haben beide Seiten nichts. Springt der neue Mitarbeiter direkt wieder ab, haben beide Zeit bzw. Geld verschwendet. Im Zuge der Studie wurde deutlich, dass sich Bewerber allgemein mehr Transparenz und Realismus bzgl. eines neuen Jobs wünschen. Sie wissen häufig nicht, was sie erwartet.
Das Versprechen und Realität oft nicht übereinstimmen, zeigen auch zahlreiche Kommentare der Studienteilnehmer:
- „Festgestellt, dass der Job anders war als im Vorstellungsgespräch versprochen bzw. dass er doch nicht der richtige für mich war.“
- „Differenzen zwischen ausgeschriebener Stelle und tatsächlichem Aufgabenfeld.“
- „Stellenbeschreibung und Realität in der Praxis haben nicht übereingestimmt.“
Punkt 3: Verhalten der Vorgesetzten
„Welcher dieser Faktoren könnte am ehesten dazu führen, dass Sie während der ersten 100 Tage den Job kündigen?“ Um diese Frage zu beantworten, konnten die Teilnehmer acht Kategorien nach Wichtigkeit priorisieren (1 unwichtig, 8 wichtig). Auf Platz zwei landete das Verhalten des Vorgesetzten mit 6,1. Direkt gefolgt von dem Verhalten der Kolleg*Innen mit 5,54. Platz eins geht mit 6,41 an die Arbeitsatmosphäre, die unmittelbar mit dem Verhältnis zu Kolleg*Innen und Vorgesetzten zusammenhängt. Hier wird einmal mehr klar, dass das Thema Mitarbeiterführung eine große Rolle bei der Zufriedenheit spielt. So beklagte ein Teilnehmer im Zuge der Studie das „unprofessionelle Verhalten der Vorgesetzten“ zu dem „Beleidigungen“ und „Anschreien“ gehörte. Ein anderer führte den „unfairen Chef“ und die „Diskrepanz zwischen Aussagen und Verhalten“ an.
Mach es besser!
Damit wären die Punkte geklärt, die zu einer vorzeitigen Kündigung führen. Aber was kannst du daraus lernen?
„Wie wichtig sind folgende Dinge in den ersten 100 Tagen für Sie? Bringen Sie die Aspekte in eine Reihenfolge nach Priorität (1 unwichtig, 8 wichtig).“
1. Mir steht ein persönlicher Ansprechpartner unter den Kolleg*Innen in meiner Abteilung zur Verfügung (Pate) 5,85.
2. Ich werde am ersten Tag den Kolleg*Innen offiziell vorgestellt 5,65.
3. Das Unternehmen legt einen konkreten Plan/ein Programm vor, an dem sich meine Einarbeitung orientiert 5,05.
4. Mein Arbeitsplatz und meine Arbeitsmittel (Rechner, Mailadresse, Visitenkarten) sind vom ersten Arbeitstag an vollständig eingerichtet 4,55.
Auch in diesem Zusammenhang tauchen die anfangs genannten Aspekte wieder auf. Wenn du also nicht möchtest, dass neue Mitarbeiter nach kurzer Zeit in Scharen davonlaufen, solltest du dir diese Punkte zu Herzen nehmen. Arbeite an deinem Einarbeitungsplan, lege Wert auf eine gute und faire Mitarbeiterführung und mache keine falschen Versprechungen im Bewerbungsgespräch. Auf diese Weise kannst du Arbeitnehmer für dich gewinnen und auch langfristig halten.
Zum Schluss möchten wir noch ein paar Antworten auf die Frage „Können Sie uns ein persönliches Erlebnis mitteilen, das aus Ihrer Sicht typisch ist für die ersten 100 Tage im Job?“:
„Ich stand wie der Ochs vorm Berg, weil ich auf einmal nicht mehr wusste, was ich zu tun habe, es aber eigentlich hätte wissen müssen. Das ist meiner Meinung nach typisch, weil viele neue Dinge auf einen einprasseln und man die Prozesse noch nicht verinnerlicht hat.“
„Niemand wusste Bescheid. Ich meldete mich pünktlich zum 1. Arbeitstag bei der Dame an der Rezeption, aber diese wusste nichts von mir. Ich landete schließlich nach einer Stunde und vielen Telefonaten an meinem Arbeitsplatz, aber auch die Kollegen wussten nicht, dass ich ihr neuer Kollege bin. Der Einzige, der scheinbar von mir wusste, war der Geschäftsführer persönlich, aber der hatte es leider versäumt, dies in der Firma bekannt zu machen. Leider war der Geschäftsführer die nächsten zwei Wochen auf Dienstreise, sodass ich erst einmal zwei Wochen lang acht Stunden täglich Prospekte studieren und Kaffee kochen durfte, bis neue Anweisungen kamen.“
„Man sitzt die ersten drei Tage ohne große Aufgabe rum, die Kollegen sind beschäftigt und niemand wurde für die Einarbeitung „abgestellt“. Man wartet zudem auf die IT, dass der E-Mail-Account und das Telefon eingerichtet werden.“
Du möchtest deinen neuen Mitarbeiter eine angenehme Einarbeitungszeit ermöglichen und sie langfristig ans Unternehmen binden? Dann solltest du dir unsere kostenlose Onboarding-Checkliste herunterladen. Mit einem wohldurchdachten Plan für die ersten Tage, Wochen und Monate erleichterst du allen Beteiligten den Start – und schaffst eine dauerhafte Basis für Motivation, Leistungsbereitschaft, und Zufriedenheit deiner Mitarbeiter.
* Die Nennung nur eines Geschlechts dient hier rein dem Lesefluss. Wir möchten aber darauf hinweisen, dass wir alle Geschlechter (m/w/d) ansprechen und mit einbeziehen wollen.
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